Oliver Röder Präsident Jeunes Restaurateurs Portrait für Food Fellas Magazin

Quo vadis, Gastronomie? Ein Gespräch mit Oliver Röder über Chancen für die Gastronomie.

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Oliver Röder ist Küchendirektor und Geschäftsführer der Landlust Burg Flamersheim in Euskirchen. Seit 2022 ist er darüber hinaus Präsident der deutschen Sektion der Jeunes Restaurateurs d’Europe. In dieser Funktion leitet er die Geschicke einer Vereinigung von 69 (jungen) deutschen Spitzenköchen.

Foto (c) Sascha Perrone für Oliver Röder

Wir haben mit dem Spitzenkoch gesprochen – über Hürden und Chancen in der Gastronomie, den Wandel der Branche sowie veränderte Erwartungen von Seiten der Gäste. Ein Dialog.

Food Fellas Interview mit Oliver Röder

Food Fellas: Hinter uns allen liegen turbulente Jahre. Besonders hart getroffen hat es die Gastronomie. Zwischen Bangen, Hoffen und Zuversicht bewegt sich das Spannungsfeld der Gefühle. Wohin bewegt sich deiner Meinung nach die Gastronomie?

Oliver Röder: Die Gastronomie steht vor schwierigen Herausforderungen. Die gestiegenen Kosten und der Personalmangel wirken sich schon jetzt sehr auf die Branche aus. Das wird dazu führen, dass in den nächsten Jahren immer mehr Betriebe wegfallen werden.

Bei uns im ländlichen Raum gibt es schon jetzt gravierende Veränderungen.

Food Fellas: Puh, das sind keine schönen Aussichten. Was denkst du sind echte Chancen für die Gastronomie?

Oliver Röder:

Die Gastronomie hat die Chance, aber auch die Pflicht, ihren schlechten Ruf von früher abzuschütteln und sich neu zu erfinden.

Die Betriebe müssen sich also wandeln, und zwar zu Arbeitgebern, in denen Mitarbeitende nicht einfach ein Mittel zum Zweck sind – sondern Teil eines Teams, das Hand in Hand arbeitet, eine Familie, die gemeinsam etwas bewirkt. Wir müssen fleißige und motivierte Mitarbeiter*innen respektieren und wertschätzen.

Landlust Burg Flamersheim, Euskirchen

Food Fellas: Welche Rolle spielt bei diesem Wandel die Avantgarde?

Oliver Röder: Vorreiter muss es immer geben – nur so gelingen Veränderung und Innovation. Wir sehen die Spitzengastronomie als wichtigen Impulsgeber der Branche. Zum einen, weil wir in vielen Bereichen einen größeren Gestaltungsspielraum haben, zum anderen, weil in den Top-Restaurants die High Potentials der Branche versammelt sind.

Food Fellas: Hat sich die Avantgarde verändert?

Oliver Röder: Die Avantgarde hat sich nicht verändert was das Kochen und die Qualität angeht – wohl aber darin, wie man einen Betrieb führt. Und zwar mit allen Facetten: dem Personal, der Wirtschaftlichkeit und dem Feeling als Gastronom*in.

Es geht heute vor allem darum, ein stabiles, motiviertes und voll besetztes Team zu haben, um die Gäste überhaupt bewirten zu können.

Deshalb ist es wichtig, dass sich alle innerhalb des Betriebes auf Augenhöhe begegnen – dazu zähle ich alle Mitglieder des Teams und auch die Gäste. 

Gewandelt hat sich auch die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit. Gerade in Zeiten von hoher Inflation, gestiegenen Einkaufspreisen, Energie- und Lohnkosten sieht man das in aller Deutlichkeit. Als Gastronom*in muss man seine Zahlen im Blick haben, da sonst die Gefahr besteht, seinen Betrieb zu verlieren. Auch auf die Gäste wirkt sich das aus, denn sie müssen die gestiegenen Kosten mittragen. 

Katharina und Oliver Röder, Foto (c) florianhammerich.com

Food Fellas: Lass uns über Gäste sprechen. Welche Erwartungen hat die Gastronomie an ihre Gäste?

Oliver Röder: Zunächst freuen wir uns sehr, dass unsere Gäste uns auch während der Pandemie treu geblieben sind. Sie haben in dieser schweren Zeit schon sehr viel Verständnis für uns gezeigt und uns in wundervoller Weise unterstützt.

Durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Kostensteigerungen, den Fachkräftemangel und die Energiekrise brauchen wir schon wieder die Unterstützung und das Verständnis unserer Gäste. Vor allem dafür, dass viele Betriebe ihre Öffnungszeiten anpassen müssen und dass wir auch die Kosten für Gerichte und Getränke anpassen mussten.

Wir wünschen uns sehr, dass die vielen negativen Einflüsse nicht die Lust an Genuss und Gastlichkeit beeinträchtigen. 

Food Fellas: Wo liegt deiner Meinung nach die Verbindung von Gastronomie und Gästen?

Oliver Röder:

Ganz einfach: Wir sind gerne Gastgeber*innen und unsere Gäste gerne Gäste. Wir begegnen uns auf Augenhöhe, fühlen uns wohl in unserer Rolle und genießen es, gemeinsam eine gute Zeit zu haben. 

Bembergs Häuschen, Euskirchen

Food Fellas: Gibt es eine Wissensverschiebung (Thema: Foodies) oder auch einen anderen Transfer?

Oliver Röder: Es besteht ein Unterschied zwischen den Menschen, die sich überdurchschnittlich für Kulinarik, Kochen und Genuss interessieren und informieren und denjenigen, die daraus ein Business machen.

In gewissen Bereichen können wir von den Foodies und von anderen Gruppen etwas dazulernen, das sollte uns immer bewusst sein. Als Gastronom*in sollte man also nicht mit Scheuklappen durchs Leben laufen, sondern immer nach links und rechts blicken.

Nur so können wir auch sicherstellen, dass Innovationen, Trends oder neue Entwicklungen nicht an uns vorbeigehen. Bei den Jeunes Restaurateurs haben wir deshalb Formate entwickelt, die den Austausch unter den Mitgliedern fördern und für Wissenstransfer untereinander sorgen. Außerdem hat jeder von uns vielfältige Kontakte zu Journalist*innen, Influencer*innen und anderen Akteur*innen. Auch dies stellt einen kontinuierlichen Austausch auf vielen Ebenen sicher.

Food Fellas: Hast du den Eindruck, dass Gäste heute kritischer / aufgeklärter / schwieriger sind?  

Oliver Röder: Schwieriger würde ich nicht sagen, aber auf jeden Fall aufgeklärter.

Gäste wollen positiv durch Innovationen überrascht werden – auch wenn sie in Traditionshäusern einkehren.

Sie wissen sehr konkret, was sie wollen und dementsprechend haben sich auch ihre Vorstellungen verändert. Das bedeutet, sie sind anspruchsvoller – und das müssen Betriebe beherzigen. 

Food Fellas: Zum Abschluss noch eine spannende Frage, die uns als Gäste ebenso betrifft wie den Gastronomen selbst. Wie gestaltet sich der Dialog mit den Gästen?

Oliver Röder: Häufig gibt es einen persönlichen Austausch der Gäste mit den Servicekräften oder auch mit den Köch*innen. Viele Gäste schreiben uns auch eine persönliche Nachricht, eine Mail oder kommentieren in den sozialen Medien.

Wir nehmen jedes Feedback gerne an, setzen uns damit auseinander und kommen manchmal auch in einen etwas längeren Dialog.

Generell besteht auf beiden Seiten eine größere Offenheit zum Austausch auf Augenhöhe. Das geht aber nur, wenn Kritik sachlich geäußert wird und sich niemand auf Kosten des anderen profilieren möchte.    

Lieber Oliver, vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute!

Foto-Credits
Portraits: (c) florianhammerich.com
Food: (c) Sascha Perrone


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