
Ein Gespräch mit Sandra Hofer, Küchenchefin im „oma & enkel“ des Posthotels Alexander Herrmann, über Mitarbeiterführung, Nachhaltigkeit und die Zukunft der Gastronomie
Liebe Sandra, Du bist eine der jüngsten Küchenmeisterinnen Deutschlands und leitest seit 2022 das Bistro „oma & enkel“ im Posthotel von Alexander Herrmann. Wie gelingt es Dir, ein so großes Team zu führen?

Sandra Hofer: Mein Ziel ist, dass es nach außen hin nicht auffällt, wenn ich einmal nicht da bin. Das bedeutet, Verantwortung konsequent zu teilen: Wir entwickeln Rezepte gemeinsam, ich erkläre Bestellungen, Kalkulationen und Abläufe. Mein Team soll selbständig agieren können. Das funktioniert nur, wenn man Klarheit schafft und Vertrauen gibt. Dieses Vertrauen stärkt, motiviert und macht die Mitarbeitenden langfristig besser.
Nachwuchsförderung ist in der Gastronomie seit Jahren ein drängendes Thema. Wie gehst Du es an?
Sandra Hofer: Als ich hier angefangen habe, gab es genau einen Azubi. Heute sind es sechs. Das kommt nicht von selbst, man muss sich aktiv kümmern. Viele Betriebe sagen zwar, dass sie Nachwuchs suchen, aber sie investieren zu wenig Zeit in Ausbildung.
Wer bei uns lernt, muss zwar hart arbeiten, kann danach aber auch sagen: Ich habe wirklich viel gelernt. Es geht darum, junge Leute ernst zu nehmen und ihnen Perspektiven zu geben. Und ich mag die jungen Menschen auch sehr!

Deine Küche wird oft als „feminin“ beschrieben. Was bedeutet das für dich?
Sandra Hofer: Für mich heißt das: farbenfroh, floral, verspielt. Schwarz ist nicht meine Farbe – das Leben ist oft schon grau genug. Ich möchte mit Gerichten Freude transportieren, und das gelingt über Farben, Formen und Leichtigkeit – natürlich neben dem Geschmack. Aber es geht auch um Führung: Ich will zeigen, dass man als junge Frau sehr gut eine Küchenbrigade leiten kann. Für mich ist es nicht entscheidend, ob jemand Frau oder Mann ist, sondern ob wir die gleichen Ziele verfolgen. Und klar, ich weiß, dass ich eine Vorbildrolle einnehme für junge Kolleginnen. Gut so!
Nachhaltigkeit ist ein Kernprinzip deiner und eurer Arbeit im Posthotel. Wie setzt ihr das konkret um?
Sandra Hofer: Wir arbeiten mit über 80 kleinen Lieferanten aus der Region – vom Pilzsammler bis zum Haselnussbauern. So entsteht eine enge Bindung und echte Transparenz. Ein zentrales Element ist das Anima Future Lab unter Leitung von Jörg Oswald. Dort werden Produkte nicht nur haltbar gemacht, sondern kreativ veredelt: durch Fermentation, Einlegen oder Trocknen. Wir sprechen nicht von Konservierung, sondern von Weiterentwicklung. Wenn im Sommer 300 Kilo Kirschen kommen, verarbeiten wir sie und nutzen sie den Winter über. Das ermöglicht uns, die Saison zu sprengen und gleichzeitig regional zu bleiben. Nachhaltigkeit heißt für uns also nicht Verzicht, sondern Vielfalt.
Tradition spielt in deiner Küche eine große Rolle. Wie passt das in eine moderne Gastronomie?
Sandra Hofer: Im „oma & enkel“ treffen Klassiker auf Moderne. Ein Beispiel: unser Leberkäse wird serviert mit einer Soße nach einem handschriftlichen Rezept der Oma Herta. Solche Gerichte verbinden Generationen und machen Tradition erlebbar. Gleichzeitig schafft die Küche Momente der Inszenierung – die früher wie heute Erlebnisse schaffen: Etwa beim Crêpes Suzette, der direkt am Tisch flambiert wird – ein Klassiker, neu interpretiert – bei uns eher Pfannkuchen als Crêpe.
Für die Zukunft ist das entscheidend: Viele junge Leute kennen die Theorie, aber spüren nicht mehr die Liebe zu traditionellen Gerichten, auch weil diese zuhause seltener gekocht werden. Diese emotionale Verbindung müssen wir wieder herstellen. Tradition und Moderne schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie befruchten sich.

Wenn du an die Zukunft der Gastronomie denkst – was sind die größten Herausforderungen?
Sandra Hofer: Ich möchte Liebe, Leidenschaft, Handwerk und Qualität weiterhin ins Zentrum rücken.
Es reicht nicht, Gerichte wie eine To-do-Liste abzuarbeiten. Man schmeckt, ob etwas mit Leidenschaft gekocht ist. Dieses Brennen darf nicht verloren gehen – auch in Zeiten von Fachkräftemangel und Rationalisierung.
Außerdem braucht es neue Arbeitsmodelle, die junge Menschen anziehen und halten. Ausbildung, Wertschätzung, Vertrauen – das sind die Schlüssel.
Und deine persönliche Zukunft?
Sandra Hofer: Momentan ist der Platz, an dem ich bin, für mich perfekt. Eine Selbstständigkeit zum Beispiel war nie mein Ziel, aber wenn sich etwas Passendes ergibt – vielleicht eine moderne Hütte in den Bergen? Es müsste zum richtigen Zeitpunkt das Passende kommen – aber bisher war das in meinem Leben immer so. Ein Glück! Entscheidend ist, dass ich meine Werte leben kann: Regionalität, Nachhaltigkeit, Teamführung mit Vertrauen – und natürlich die Leidenschaft fürs Kochen.

Fazit
Sandra Hofer steht für eine neue Generation von Küchenchefinnen: jung, empathisch, lebensfroh und anspruchsvoll. Sie zeigt, wie Gastronomie heute aussehen kann – regional verwurzelt, nachhaltig gedacht, mit Verantwortung für Mitarbeitende und Auszubildende. Ihr Credo ist dabei so einfach wie kraftvoll:
„Man kann Liebe schmecken – und wenn man mit Leidenschaft kocht, überträgt sich das auf den Gast.“
Vielen Dank für das Gespräch!
Schöne Fotos (c) Nils Hasenau – danke.
oma & enkel
Posthotel Alexander Herrmann
Marktpl. 11
95339 Wirsberg
Telefon: 09227 2080

